· 

Der Mythos vom Maestro

Bild: Beat Mathys, Berner Zeitung BZ
Bild: Beat Mathys, Berner Zeitung BZ
28. Februar 2014:
“Herr Venzago, ich bin ein Hobbyautor und möchte einen Roman über einen Dirigenten schreiben. Hätten Sie einmal Zeit für mich, um mir ein paar Fragen zu beantworten?” Mit ungefähr diesen Worten habe ich damals den Chefdirigenten des Berner Symphonieorchesters in einer Konzertpause angesprochen. “Ich habe eine sehr starke Affinität zur Literatur”, hat er mir geantwortet und mir seine Visitenkarte gereicht. Und tatsächlich, rund drei Wochen später, am 19. März, haben wir uns in der Bellevue-Bar zum ersten Mal getroffen. Endlich habe ich Antworten auf meine Fragen erhalten, die mir bisher im Weg gestanden sind, um meine Skizzen, die während zwanzig Jahren entstanden sind, zu Papier zu bringen. “So, jetzt bist du unter Druck”, hat er zum Abschied augenzwinkernd gemeint, das rote Halstuch - sein Markenzeichen um den Hals gewickelt und sich das Béret auf den Kopf geschoben.

Nun, unter Druck habe ich mich zunächst eigentlich nicht gefühlt. Die Begegnung mit dem Maestro war für mich der Startschuss zu einem Schreibmarathon, dem ich mich mit grosser Begeisterung und Motivation hingegeben habe. Endlich waren meine Fragen geklärt, die einzelnen Puzzleteile setzten sich zusammen, und die Story, die bisher nur als klägliches Gerüst existiert hatte, begann zu wachsen, gewann an Dichte und Tiefe. Nachdem ich Mario das erste Kapitel in die Hand gedrückt hatte, nahm er mich beim nächsten Konzert beiseite und strahlte mich an. “Was für ein Feuerwerk”, meinte er und war begeistert von meinem Entwurf. So habe ich ihn immer wieder mit kleinen Leseproben bedient, war gespannt auf sein Feedback (das auch sehr kritisch sein konnte), während der Roman wuchs und wuchs. Nach tausenddreihundert Seiten setzte ich endlich den Schlusspunkt unter dieses Epos. In rund anderthalb Jahren war es mir gelungen, was mir während zwanzig Jahren im Kopf herumgeschwebt war, endlich zu Papier zu bringen. Die Idee zu einer Dirigenten-Trilogie war geboren, und ich setzte mich eilig hinter den zweiten Roman.

 

21. November 2018:
Rund viereinhalb Jahre ist es her seit der ersten Begegnung mit dem Maestro. Drei Romane sind in dieser Zeit entstanden, und wieder treffen wir uns in der Bellevue-Bar, um auf den Abschluss des Projekts, der Dirigenten-Trilogie, anzustossen. Der Kreis schliesst sich. Mario freut sich auf das Buch, und ich mich auf das Treffen, erleichtert darüber, dass meine ehrgeizige Idee endlich ihr Ende gefunden hat. Wie viele Stunden bin ich wohl am Computer gesessen und habe die unzähligen Seiten eingetippt? Eine Frage, die mir oft gestellt wird - Wie lange brauchen Sie für ein Buch? Unmöglich, darauf eine Antwort zu geben. Im Kopf ist die Geschichte ständig präsent, verfolgt mich, gibt Fragen auf, wächst und fügt sich irgendwann zu einem Ganzen zusammen. Und wenn ich dann das fertige Buch in meinen Händen halte, ein kleines viereckiges Ding, dem man die viele Arbeit gar nicht ansieht, so macht sich eine unbeschreibliche Erleichterung und Genugtuung breit. Es ist wieder einmal geschafft! Nun, dreimal durfte ich dies bisher erleben, und jedes Mal war Mario Venzago einer der ersten, der meine Arbeit begutachtet hat. Und jedes Mal durfte ich von ihm so viel Begeisterung und Wohlwollen entgegennehmen, dass ich wusste: Die Arbeit hat sich gelohnt.
Der Kreis hat sich geschlossen, die Dirigenten-Trilogie ist vollendet. Und ich weiss ganz genau: Ohne Mario Venzago, ohne den Mut, den ich damals in der Konzertpause aufgebracht habe, um ihn anzusprechen, wäre ich nie so weit gekommen!
Molto grazie, Mario!

Kommentar schreiben

Kommentare: 0